Zeitungsartikel:

 

 

 

Frankfurter Neue Presse AUSGABE  VON 00/05 S. 01

Der "Faszination Feuer" erliegen häufig diejenigen, die es bekämpfen sollen

Frankfurt 
Samstag, 20. Mai 2000

Von Georg Haupt 

 

Die Motive für Brandstiftungen sind vielfältig: Eifersucht oder Rache, das Verdecken von Einbruchspuren, oder der Versuch, unzulässigerweise eine Versicherungssumme einzusacken, stellen die Ermittlungsbehörden neben der reinen Lust am Feuerlegen als häufigste Ursachen dieser Delikte fest. Sie sind mit hohen Strafen bedroht.

Die von einem unkontrollierbar gewordenen Feuer ausgehenden Gefahren kennt kaum jemand besser als diejenigen, die sie bekämpfen. Und doch sind häufig, viel zu häufig, Feuerwehrleute die Verursacher dieser Brände, die sie danach in aller Regel voller Inbrunst löschen. Über ihre Motive erfährt man - wenn überhaupt - höchstens in den anschließenden Gerichtsverhandlungen.

Vor drei Jahren hielt eine Serie von Bränden die Wehren im Umkreis des idyllischen Taunus-Städtchens Eppstein in Atem. Verursacher war ein 18-Jähriger aus dem Stadtteil Niederjosbach, der sich nicht nur beim Aufspüren der Brände hervortat, sondern auch oft als erster am Einsatzort war. Das machte die Kameraden misstrauisch. Man beobachtete und überführte ihn. Vor dem Jugendgericht kam er mit einer Bewährungs- Strafe davon.

"Ich bin seit 34 Jahren bei der Feuerwehr, und in dieser Zeit habe ich keinen vergleichbaren Fall dieser Art erlebt", weist Eppsteins Stadtbrandinspektor Hans Menke auf die Größenordnung der Verfehlungen aus den eigenen Reihen hin. Ratlos ist auch er, wie man schwarze Schafe vielleicht von Anfang an aussortieren könnte: "Wer es gerne brennen sieht, kommt sicher auch erst einmal zu uns."

Ähnlich erging es auch Kollegen des erfahrenen Feuerwehrmannes in Bad Vilbel und Friedrichsdorf, die in vorangegangenen Jahren so genannte Feuerteufel gejagt hatten, die sich nach ihrer Überführung als ansonsten vorbildlich ihren Job als Brandbekämpfer machende Kameraden entpuppten. Menke: "In den Kopf hineinschauen kann man niemandem."

Aber in die Papiere. Viele Wehren sind wegen der Gefahr, möglicherweise einen Pyromanen in ihre Reihen aufzunehmen, inzwischen dazu übergegangen, sich polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen zu lassen. Die Erfolge sind bescheiden.

Die "Faszination Feuer" - vor allem ein großes - übt auf alle Zuschauenden eine unbestreitbare Anziehungskraft aus. Das gilt nach Ansicht von Psychologen in besonderem Maß für Menschen, die zwanghaft, lustvoll oder impulsgestört Feuer legen. Im "Standard-Lehrbuch der Psychiatrie" beklagt der Züricher Eugen Bleuler, "dass derartige Täter in der Regel keinen geeigneten Grund für ihr Tun angeben können, wenn nicht der Richter einen in sie hinein examiniert". Zu dieser Kategorie gehören Brandstifter, die selber Feuerwehrleute sind.

Für den Neu-Isenburger Psychologischen Berater und Dozenten an der Frankfurter Fachhochschule, Winfried Jaegers, ergibt sich schon aus dem Job der Feuerwehrleute eine Neigung, "immer mehr davon bekommen zu wollen". Jaegers: "Es macht ihnen oft Spaß, mit der Gefahr umzugehen. Erregung wird zum Lustgewinn, man erliegt dem Spiel von Macht und Ohnmacht."

Nun wären dabei auch Vergleiche etwa zu Polizeibeamten oder Notärzten zu ziehen, doch ist dort nicht erkennbar, dass die Helfer zuvor über Gebühr als Verursacher des Übels auftreten. Also muss es wohl doch das Feuer sein, das die Hemmschwelle mancher Menschen herunterzieht. Noch einmal der Psychologische Berater Jaegers: "Wir sprechen ja nicht umsonst vom Spiel mit dem Feuer. In ihm liegt ein unerklärlicher und für manche unwiderstehlicher Reiz."

773038, FNP , 20.05.00

 


 

Frankfurter Neue Presse AUSGABE  VON 99/12 S. 01 

Alle wollen dabei sein

Mittwoch, 8. Dezember 1999

Frankfurt

 

Die Werbung gaukelt es vor, und die Kunden folgen: Zu Weihnachten muss etwas ganz besonders Schönes her, sollen Geschenke den Wohlstand dokumentieren und den Beweis von Liebe und Zuneigung liefern.

Für Winfried Jaegers, Psychologischer Berater aus Neu-Isenburg und Dozent an der Frankfurter Fachhochschule, wird damit eine Verhaltensnorm suggeriert, der sensible Gemüter auch dann erliegen, wenn diese eigentlich eine Nummer zu groß für sie ist. Jaegers: "Der Konsum wird in unserer Gesellschaft ohnehin groß geschrieben, aber einmal im Jahr, zu Weihnachten nämlich, da muss richtig was passieren."

Dabei sein zu wollen, ohne es tatsächlich zu können - so heißt für viele dann der Konflikt, den sie mit einem Ausflug in die Kriminalität zu lösen versuchen. Auch der Polizei-Psychologe Klaus-Eberhard Tissen kennt dieses Phänomen, bescheinigt darüber hinaus aber "auch der Unterwelt zum Fest einen erhöhten Konsumbedarf".

Tissen hat sich darüber hinaus damit auseinander gesetzt, ob die Opfer von Überfällen sich anders verhalten sollten, wenn sie erkennbar einem Gelegenheitstäter gegenüber stehen. "Das ist sehr gefährlich", warnt der Wiesbadener Polizei-Psychologe.

Falls noch die Möglichkeit dazu bestehe, solle man aus dem Gesichtsfeld des Räubers verschwinden, ansonsten aber eine "pflegeleichte Geisel" spielen. Tissen: "Amateure sind noch viel unkalkulierbarer als Profis, abgesehen davon, dass man nur in den seltensten Fällen sicher erkennen kann, welche Spielart des Räubers man überhaupt vor sich hat."

Der Experte rät - Bediensteten wie zufällig anwesenden Kunden - dringend davon ab, den Helden zu spielen: "Die Putzfrau, die den Räuber mit dem Schrubber in die Flucht schlägt, gibt es nur in Zeitungen."

693979, FNP , 08.12.99

 


 

Frankfurter Neue Presse AUSGABE VON 98/09 S. 01

Täter gesteht: 600mal Jungen missbraucht

Donnerstag, 17. September 1998

Kassel

 

Ein 48 Jahre alter Mann aus Eschwege im Werra-Meißner-Kreis hat gestern vor Gericht zugegeben, dass er jahrelang minderjährige Jungen sexuell missbraucht hat. Er räumte damit einen großen Teil der Straftaten ein, die ihm die Staatsanwaltschaft am Kasseler Landgericht vorwirft.

Der Mann soll acht ihm anvertraute Kinder und Jugendliche zusammen mehr als 600mal sexuell missbraucht haben. Dazu soll es vor allem auf Fahrten, Freizeiten und im Vereinshaus eines Wandervereins gekommen sein, in dem der Angeklagte Jugendwart war. Die Taten erstrecken sich laut Anklage auf den Zeitraum von 1988 bis 1998.

Aufgrund einer Anzeige zweier Jugendlicher, die angaben, in den 80er Jahren von dem Mann missbraucht worden zu sein, war die Eschweger Polizei auf den 48jährigen aufmerksam geworden. In der Wohnung des Mannes stellten die Beamten daraufhin im Herbst vergangenen Jahres umfangreiches Material, darunter auch pornografische Fotos, sicher.

Zunächst gingen die Ermittler von 60 Opfern des Angeklagten aus. Die Zahl der sexuellen Übergriffe war jedoch vor Prozessbeginn noch nicht öffentlich genannt worden. Ein Polizeibeamter sagte nun aus, dass insgesamt von rund 1300 Übergriffen bei den rund 60 Opfern auszugehen sei. Ein Teil der Taten sei aber inzwischen verjährt.

Die Anklage stützt sich vor allem auf die detaillierten Aufzeichnungen des Eschwegers, der fast alle Handlungen schriftlich aufgeführt hat.

Schon seit 1980 war der Mann als Jugendwart des Vereins tätig und organisierte regelmäßig Wanderungen, Spielabende und mehrtägige Freizeiten. Teilweise habe er den Gruppenmitgliedern - ausschließlich Jungen - auch private Nachhilfestunden erteilt und sei für zwei Jungen, deren Vater plötzlich gestorben war, so etwas wie ein "Vaterersatz" gewesen, sagte der ehemalige Sachbearbeiter. Zu den Eltern der ihm anvertrauten Kinder habe ein "Vertrauensverhältnis" bestanden.
Mit den einzelnen Jungen sei es nie sofort zu sexuellen Handlungen gekommen, sagte der 48jährige. Erst nach mehreren Monaten und nur wenn "Sympathie" vorlag, will sich der Eschweger nach eigenen Angaben den Jungen genähert haben. Wenn sich ein Kind über seine Annäherungen beschwerte, habe er dies sofort unterlassen. Außerdem sei es in keinem Fall zu Gewaltanwendungen gekommen, gab der Angeklagte zu Protokoll.

Warum die missbrauchten Kinder so lange geschwiegen haben, dass der Betreuer mehr als zehn Jahre unentdeckt bleiben konnte, können sich auch Experten nicht erklären: "Die Jungen hätten sich doch wenigstens den Eltern offenbaren müssen", sagte ein Polizeisprecher aus Eschwege, nachdem der Fall im September des vergangenen Jahres mit der Verhaftung des Tatverdächtigen bekannt geworden war.

Der Neu Isenburger Psychologische Berater Winfried Jaegers, selbst viele Jahre in der Jugendbetreuung tätig, analysiert: "Das war jemand, der  über seine Autorität eine besondere Anziehungskraft entwickelte mit dem sich auch gute Gefühle wie Freizeit und Abenteuerlust verbanden. Schmerz und Peinlichkeit können dann schon mal in den Hintergrund treten. Es entsteht ein kollektiver Nebel, aus dem dann niemand mehr heraustreten kann."

Der Prozess wird morgen fortgesetzt. Da nur zwei Verhandlungstage angesetzt sind, ist schnell mit einem Urteil zu rechnen. (lhe/ch)

610415, FNP , 17.09.98

   


Frankfurter Neue Presse AUSGABE VON 95/03

Heute Entscheidung über politische Zukunft der Stadt

Die SPD zittert vorm Aus, Grüne machen große Sause

Frankfurt
Montag, 13. März 1995

Von Georg Haupt 

Kämmerer Tom Koenigs steht heute Abend der Sinn nach einer zünftigen Feier. Der Grünen-Politiker, der sich als erster der mit Spannung erwarteten Dezernentenwahl stellen muss, hat für 20 Uhr einen Saal im Tigerpalast gemietet. Kann sein, dass der Koalitionspartner der Sozialdemokraten dort Frust und Ärger ertränken muss, denn nicht wenige politische Beobachter sagen der Römer-Regierung für heute ihren Sturz voraus.

"Wir feiern dort einen Sieg, aber im anderen Fall besaufen wir uns eben auch", so Ann Anders, die kulturpolitische Sprecherin der Grünen pragmatisch. Um den Kummer der SPD für diesen Fall zu bekämpfen, dürften die in Frankfurt verfügbaren Alkoholika nicht ausreichen.

Dabei zittern die Sozialdemokraten weniger um die Akzeptanz ihrer Stadträte Sylvia Schenk (Recht) und Martin Wentz (Planung) sowie des neu zu wählenden bisherigen Fraktionschefs Günter Dürr. Sie ängstigt vielmehr die erneut drohende Verweigerungshaltung der bei der Sikorski-Wahl vor zwei Jahren zum ersten Mal aufgetretenen "vier Schweine". Als solche hatte Oberbürgermeister Andreas von Schoeler damals die Stimmenverweigerer bei der Wahl des Grünen-Umweltdezernenten bezeichnet.
Ein Bumerang, möglicherweise.

"Die Beschimpfung als Schwein könnte manchen in seiner Eitelkeit so gekränkt haben, dass er sich erneut verweigert", sagt der Neu-Isenburger Psychologische Berater Winfried Jaegers. Freilich seien das aber nur Mutmaßungen, "solange man nicht weiß, wer es genau ist."

Genau weiß man wenigstens jetzt, was die Republikaner wollen. In einer Sonntagssitzung warfen die Rechtsradikalen ihren Entschluss, bei der Koenigs-Wahl die Stadtverordnetenversammlung zu verlassen, wieder um. Ohne die Reps hätte die notwendige Mehrheit für eine Wiederwahl bei nur 42 Stimmen gelegen (jetzt 47). Die CDU ist in Abwarteposition. Fraktionschef Bernhard Mihm: "Wenn die Wahl in die Hosen geht, muss man sehen, was von Schoeler macht. Für uns ist die Volkswahl über den OB dann die einzige Lösung."

Das jüngste Gerücht aus dem Römer: Die SPD würde selbst bei einem grünen "Rachefeldzug für Sikorski" und einer daraus folgenden Ablehnung von Günter Dürr als neuem Dezernent für Recht, Ordnung und Verkehr die Koalition nicht platzen lassen. Ein SPD Stadtverordneter:  "Hauptsache, wir retten das Bündnis."

FNP , 13.03.95

 


Frankfurter Neue Presse AUSGABE VON 94/08

"Die Leute sind wie irre"  –  30 Prozent', mehr Umsatz – 
Viele Neulinge – Stammspieler riskieren höhere  Einsätze

30-Millionen-Jackpot lockt:
Frankfurt im Lotto-Fieber 

Freitag, 19. August 1994

Von Dieter Sattler

Gestern Mittag beim Italiener: "Hast Du schon Lotto gespielt?", sagt der eine Kellner zum anderen. "Nee, wieso?" "Hast Du nicht gehört? Im Jackpot sind 30 Millionen Mark." "Also dann renn' ich am besten gleich los."

Das ist kein Werbespot für  Lotto, sondern Realität. Lotto ist nach verschwundener Hitze und gesunkenen Ozon-Werten das Thema Nummer eins. Die Nachricht von der Super-Gewinnchance hat eine Lotto-Euphorie ausgelöst, die seltsame  Blüten hervortreibt. Der Radiosender FFH ließ seine Hörer über die besten Zahlen abstimmen - eine Aktion ohne jeden Nutzen, bei der aber Zigtausende mitmachten.

"Die Leute sind wie irre", meint die Dame in einer Annahmestelle an der Hauptwache. "Sie sehen, ja selbst was los ist." Und wirklich: Die Tipper stehen  Schlange. "Meine Kollegin ist gerade unterwegs, um neue Tippscheine zu holen. Mein Vorrat ist bald aufgebraucht."  Bei Hertie-Zeil sorgte der prall gefüllte Jackpot bereits am vergangenen Freitag für eine Schlange bis zum Ausgang. Beim Kaufhof in der Leipziger Straße hat man sich auf den großen Run schon eingestellt, indem man für heute Nachmittag eine zusätzliche Teilzeitkraft engagierte. Freitag ist bekanntlich Lotto "Hauptkampftag".

Aus allen Annahmestellen ist zu hören: Es tippen jetzt mehr Leute als gewöhnlich, und die Stammtipper spielen oft  mit höherem Einsatz. "Viele sagen, dass es diesmal einfach klappen muss", erzählt die Dame vorn Kaufhof, nach deren Schätzung die Nachfrage mindestens 30 Prozent höher als sonst liegt. Das bestätigt Frank Wiegand vom City-Markt am Westbahnhof. Etwa 30 Prozent der Tipper seien Neulinge, die bei ihm aber bisher lediglich den Urlaubsknick ausgeglichen hätten. Die Debütanten machen viel Arbeit. "Ihnen muss man alles erklären, die wissen gar nicht, wie sie ausfüllen müssen", stöhnen die Leute von den Annahmestellen. 

Meistens spielen die Neulinge nur mit geringen Einsätzen. Der Herr von der Annahmestelle an der Galluswarte ("bei mir ist die Nachfrage höchstens 20 Prozent höher als sonst") erklärt denn auch, dass ein Systemtipper, der mal  schnell einen Hunderter mehr einsetze, ihm natürlich mehr bringe,  als der Neutipper, der zwei Kästchen für 3,50 Mark ausfüllen. Sieben Prozent des Einsatzes könne er für sich verbuchen. 

Warum eigentlich dieser Lotto-Ansturm? Die Gewinnchance ist doch minimal? Der Psychologische Berater Winfried  Jaegers sieht einen Sieg des Unbewussten  über die Vernunft: 
"In unserer Phantasie  wollen wir einmal der Größte sein,  jetzt bietet sich eine, wenn auch noch so kleine Chance, und wir greifen massenhaft zu."

Ein Kick sei auch das Wir-Gefühl: "Hier ist eine Massenbewegung im Gange. "

FNP , 19.08.94

 


 

Frankfurter Neue Presse AUSGABE VON 94/06

Darum drehte der Mörder durch

Frankfurt
Samstag, 25. Juni 1994

Warum schießt ein Gangster wild in die Menge? Wie kann er glauben  eine ganze Stadt mit seiner Maschinenpistole in Schach halten zu können? "Eine typische Übersprungreaktion", sagt der Psychologische Berater Winfried Jaegers. 
Der Dozent an der Frankfurter Fachhochschule kann das Verhalten von Safet A. erklären,
wenn gleich es für die von ihm genannte Reaktion verschiedene Auslöser gibt. Jaegers: "In  diesem Fall  war es eindeutig  wohl die Tatsache, dass der Mann sich in die Enge getrieben fühlte. Wie ein Stier in der Arena zeigt er dann  keine gezielten Reaktionen mehr, sondern sieht regelrecht rot."

Besonders gefährlich mache einen solchen Menschen dann eine spezielle Machtposition, in diesem  Fall die Waffe in der Hand, die ihm ein gottähnliches Gefühl beschere.  Jaegers: "Er konnte nicht mehr rational denken, konnte sich selbst nicht mehr die Frage beantworten: Welchen Preis bezahle ich jetzt für mein Verhalten."

Die Reaktionen von Gangstern auf der Flucht sind inzwischen vielen bekannt, längst haben Geldinstitute  ihren Mitarbeitern dringend empfohlen, bei Überfällen passiv zu bleiben, um den Täter  nicht in Panik zu versetzen, was Menschenleben kosten könnte. 

Nach Meinung des Psychologischen Beraters ist es völlig unsinnig, den Amokläufer durch mutiges Auftreten einschüchtern zu wollen. Jaegers: "Zivilcourage zeigt in solchen Fällen der, der nach dem Grundsatz handelt: Rette sich, wer kann." gh

FNP , 25.06.94

 


Frankfurter Neue Presse AUSGABE VON 93/12

Statt Frieden auf Erden Familien-Krieg:

In der Stillen Nacht fliegen oft die Fetzen

Frankfurt
20. Dezember 1993

In den Gefängnissen schaut das Wachpersonal zu Weihnachten öfter als sonst durch den Türspion, die Telefonseelsorge (Rufnummern 11101 und 11102) richtet sich auf "heiße" Stunden ein und in vielen Familien fliegen die Fetzen: Die Stille Nacht ist gerade in Frankfurt keineswegs so still, wie es zu Heiligabend zu vermuten ist. Der Neu-Isenburger Psychologische Berater Winfried Jaegers: "Mit Ritualen wie Weihnachtsbaum und Bescherung verbinden alle Menschen feste Erwartungen. Wenn diese dann nicht erfüllt werden, kommt es zwangsläufig zu Konflikten. Meine Partnerberatungen sind voll von Ehepaaren, die sich bei solchen Familienfesten in die Haare bekommen haben." Weihnachten als Unfriedensstifter - es ist wirklich so. Auch Polizeisprecher Manfred Feist sind die handgreiflich verlaufenden Heiligabendstreitereien bekannt, ansonsten rechnen wenigstens die Ordnungshüter mit einem ruhigen Fest. Feist: "Im allgemeinen feiern zum Glück auch die Ganoven." 

Was kann man tun, um sich dem drohenden Konflikt zu entziehen?  Noch einmal der Psychologische Berater: "Unbedingt miteinander reden und sich nicht verkriechen. Weihnachten ist auch eine gute Gelegenheit, um über eine Beziehungsstörung zu sprechen." Nach Jaegers' Ansicht, sollten sich insbesondere einsame Menschen Heiligabend nach Gesprächspartnern umsehen, damit sich ihre Einsamkeitsgefühle nicht  verstärken.  
An diese Menschen richtet sich auch das Angebot von Kirchen und Sozialdiensten, 
das in Frankfurt am Freitag besonders dicht ist.

Ein paar Beispiele. Bei St. Ignatius (Gärtnerweg) setzen sich die Gottesdienstbesucher nach dem Gottesdienst gegen 23.30 Uhr noch zusammen, um bei selbst mitgebrachten Plätzchen  miteinander zu sprechen.

Bei St. Gallus (Mainzer Landstraße) gibt es nach der Christmette um ca. 22 Uhr  für alle Gottesdienstteilnehmer noch einen kleinen Imbiss und Getränke.  In der Gethsemanegemeinde (Marschnerstraße) ist nach der Christvesper um 17 Uhr  Hirtenfeuer auf dem Hof mit Glühwein und Weihnachtsliedern, hinterher Weihnachtsfeier mit Buffet, ausgerichtet besonders auf Alleinstehende.

Großeinsatz haben die Seelsorger auch wieder bei der Bahnhofsmission (Hauptbahnhof-Südseite neben Gleis 1): Eine Weihnachtsfeier mit gemeinsamem Singen, Abendessen und kleinen Geschenken ist geplant (Beginn 16 oder 17 Uhr).  Die Feier wird vor allem auf Obdachlose ausgerichtet und kam in den vergangenen  Jahren sehr gut an.  Die Kapelle am Flughafen (Abflughalle B, Empore) ist zu Weihnachten 24 Stunden geöffnet

Besondere Maßnahmen auch in der Uniklinik. Nach Gottesdiensten (18 Uhr) eine gemeinsame Feier auf den einzelnen Stationen mit Abendessen, Liedern,  Geschichten, Gedichten und einer Tombola. Angehörige schwerkranker Patienten,  die über Heiligabend nicht nach Hause gehen dürfen, werden aufgefordert,  in der Klinik mitzufeiern Eine Schwester: "Natürlich empfinden alte und kranke Menschen  die Erinnerung an schöne Weihnachten viel schmerzlicher."            gh/sys

Was tun, damit Weihnachten friedlich wird?

Frankfurt (gh). – Weihnachten steht vor der Tür - und damit die schlimmsten Familienkonflikte des Jahres. Nach Ansicht des Neu-Isenburger Psychologischen Beraters Winfried Jaegers machen viele Menschen den Fehler, den "Lustgewinn" des Festes nicht mehr richtig zu erkennen, woraus sich Spannungen und Konflikte ergeben, die dann zu Aggressivität gegenüber dem Lebenspartner oder den Kindern führen. Die Folge: An Heiligabend und den folgenden Feiertagen wird so viel gestritten wie sonst nie im Jahr. Da auch einsame Menschen zum Fest große seelische Not leiden, gibt es in Frankfurt zu Weihnachten besonders viele Aktionen für Allein stehende.  Siehe SEITE 15

FNP , 20.12.93


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